Frauen in Rechten Bewegungen – Ist wo Feminismus draufsteht, auch Feminismus drin?

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Begriffe wie rechter Feminismus, nationaler Feminismus oder Beiträge, die sich explizit auf Feminismus beziehen, spuken seit geraumer Zeit durch Netz und Medien;. Kampagnen wie #120db greifen Themen von sexualisierter Gewalt auf; Bolgs wie radikalfeminin 1 machen geschlechtsspezifische Fragen und Feminismus zum Thema; eine wachsende Zahl von Frauenorganisationen gründet sich in der Rechten – und immer mehr Frauen übernehmen Führungspositionen in Bewegungen und Parteien.

Aber was verbirgt sich dahinter? Worum geht es? Und können wir das wirklich als feministisch begreifen?

Die Rollen, die Frauen in der rechten Szene ausfüllen, sind unterschiedlich und haben sich in den letzten Jahren ausdifferenziert. Dennoch wurden Frauen über Jahrzehnte zumeist als Mitläuferinnen abgetan. Schon das Bild der Frauenrolle in der Nazipropaganda, die schweigend erduldende Mutter, entsprach kaum der Realität engagierter Nationalsozialistinnen, etwa Frauen der SS-Männer und KZ-Aufseherinnen. Sie wurden nicht als aktive Täterin und Anhängerin des NS betrachtet, sondern eher als passives „Anhängsel“. Es wird an vorherrschende, sexistische Geschlechterbilder angeknüpft und Frauen werden als unpolitisch und harmlos stilisiert. Dieses Bild ist problematisch, weil es eine präzise Perspektive auf Einfluss und Aktivitäten von rechtsextremen Frauen in Deutschland verhindert und es erschwert diesen effektiv entgegen zu wirken. Es kommt zu einer doppelten Unsichtbarkeit: Wird bereits im Allgemeinen davon ausgegangen, dass Frauen weniger politisch interessiert seien, so geraten weibliche Personen mit menschenfeindlichen Meinungen und gewalttätigen Handlungen erst recht aus dem Blick. Zudem werden Rechtsextremismus und Gewalt nach wie

vor häufig als „männliche Phänomene“ gesehen. Die Forschung zeigt aber, dass Frauen ebenso menschenverachtende und rassistische Sichtweisen vertreten wie Männer. Lediglich der Ausdruck ihrer Gesinnung unterscheidet sich teilweise von dem von Männern.

Neben bekannten weiblichen Führungspersonen gibt es in rechten Strukturen vor allem Frauen, die keine Funktionen besetzen, aber wichtig sind für die rassistische und chauvinistische Politik von AfD und Co. Sie sind etwa rechte Netzaktivistinnen wie Melanie Schmitz. Auf ihren Blogs und Instagram verbreiten sie unter dem Deckmantel nur konservativ-heimatverliebt zu sein, rassistische Hetze mit einem hippen Anstrich. Andere Frauen, wie die Journalistin Ellen Kositza, fungieren als einflussreiche Stichwortgeberinnen der neuen Rechten.

Frauen in Führungspositionen, auch wenn ihr Handeln andereFrauen unterdrückt und heteronormative Geschlechterrollen bedient, werden als fortschrittlich dargestellt. Es wird so getan, als ob das das Bild des Heimchens am Herd überholt sei, während eben diese Rolle der Frau weiterhin gefordert wird, ob in Parteiprogrammen oder Parolen. Zudem nutzt die Rechte die Wahrnehmung von Frauen als „weicher“ und friedlicher oder einfach als „sexy“ – deshalb sieht man bei rechten Auftritten oft Frauen, die Schilder hochhalten oder Fronttransparente tragen. Dabei geht es um strategisch kalkulierte Ziele: Es soll eine Normalisierung der rechten, menschenverachtenden Positionen erreicht werden. Die Prämisse? Sagt eine junge, gebildete, gar attraktive Frau etwas Rassistisches, wird es als weniger bedrohlich empfunden. Erhält es Einzug in den gesellschaftlichen Diskurs, verschiebt sich dieser, Dinge werden sag- und diskutierbar, die dies vorher nicht waren.

Zudem geht es auch um Werbung. Obwohl Frauen statistisch gesehen genauso häufig rassistische Denkweisen aufweisen, sind weniger von ihnen bereit, rechte Parteien zu wählen oder sich in Bewegungen zu engagieren. Diese werden weiterhin als gewaltbereite, aggressive Männerbünde betrachtet (die sie ja tatsächlich sind).

Den Strömungen der Rechten ist gemeinsam, dass sie eine restriktive Einteilung der Geschlechter vornehmen und gegen die Vorstellung eines sozialen Geschlechtes wenden – sie naturalisieren Frauen und Männer und schreiben ihnen Eigenschaften zu aus denen bestimmte Rollen resultieren. Letztendlich lässt ihre Argumentation sich auf die vermeintlich biologisch-natürliche Rolle der Frau als Mutter zurückführen. Das ist alles andere als befreiend und emanzipativ.

Mit der Aneignung und Besetzung von frauenpolitischen Themen wird in dieselbe Kerbe geschlagen: Zwar ist sie kein vollkommen neues Phänomen, aber eines, das an Bedeutung gewinnt.

Es geht darum, Themen wie Erziehung, Mutterschaft, Bildung, Kultur, sexualisierte Gewalt, Brauchtum („Traditionen“), die Gleichstellung der Geschlechter und feministische Bewegungen zu besetzten. Ziel ist dabei eine Normalisierung rassistischer Denkweisen und eine Verschiebung des Diskurses nach Rechts.

Dabei werden Zusammenhänge geschaffen, die wenig mit Feminismus und sehr viel mit Rassismus und Menschenfeindlichkeit zu tun haben. Feminismus ist immer kritisch gegenüber Herrschaftsverhältnissen und verfolgt die Interessen aller Frauen* – nicht nur derer die zufällig deutsch, weiß, westlich, … sind.

Es geht der Rechten nicht um eine Kritik an patriarchalen Strukturen und Sexismus – sondern nur um eine Gelegenheit, Stimmung zu machen und rechte Ideologien möglichst öffentlichkeitswirksam und zugänglich zu präsentieren. Begriffe wie „Nationaler Feminismus“ sollen zwar eine Anschlussfähigkeit an Themen von Gleichberechtigung suggerieren. Aber eine Ideologie, die nicht herrschaftskritisch ist, die selektiv mit Täter*innen sexueller Gewalt umgeht und „fremdenfeindliche“ Ressentiments reproduziert; die Unterschiede zwischen Menschen macht, kann nicht befreiend sein; sondern nur eines: Rassistisch.


Julia Ludewigs, KV Köln

  1. radikalfeminin ist ein Blog, der sich gegen „Genderwahn“ richtet und sich mit „traditionellen“ Rollenbildern in Kombination mit einem gewissen Hipster-Chic präsentiert. Er wird von jungen Frauen mit, unter anderem, Verbindungen in die Identitäre Bewegung unterhalten.