Weibliche Genitalverstümmelung und die rechtspopulistische Partei Pro NRW

Wie kommen diese Themen zusammen?

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Bild: Anna Lisa Kleinsorg

Menschen, die nach Deutschland kommen, lassen weder ihren Glauben noch Werte und/ oder Traditionen an den Landesgrenzen zurück. Schließlich ist dies ein Teil der eigenen Identität, welche insbesondere in einer neuen Umgebung Halt und Schutz bietet. Das wird auch nur in solchen Fällen zu einem Problem, in denen es sich um Praktiken handelt, die für Betroffene schädlich sind. Eine solche Tradition ist die weibliche Genitalverstümmelung. Weltweit leben bis zu 200 Millionen Mädchen und Frauen, die dieser Praktik unterzogen wurden. Die weibliche Genitalverstümmelung kommt hauptsächlich in 29 Ländern auf dem afrikanischen Kontinent vor. Im Zuge von Migration ist die Praktik fern dieser Länder und unter anderem auch in Deutschland zu einer Gefahr für Mädchen und Frauen aus bestimmten Herkunftsländern geworden. In Deutschland leben aktuell rund 65.000 Betroffene. Hinzu kommen rund 15.000, die von der Praktik bedroht sind. Um die weibliche Genitalverstümmelung weltweit zu beenden, ist es daher wichtig, die Praktik auch hier in Deutschland zu thematisieren.

Weibliche Genitalverstümmelung: Was ist das?

Bei der weiblichen Genitalverstümmelung handelt es sich um die teilweise oder totale Entfernung sowie sonstige Verletzungen der äußeren weiblichen Geschlechtsorgane aus nicht medizinischen Gründen. Die Praktik kann bei Betroffenen schwerwiegende Konsequenzen haben. Diese reichen von Problemen beim Wasserlassen, Komplikationen bei der Geburt und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr über psychische Risiken, bis hin zum Tod. Aus diesem Grund ist die weibliche Genitalverstümmelung eine der schwersten Formen geschlechtsspezifischer Menschenrechtsverletzungen. Der Grund für diese Praktik ist eine tief verwurzelte Tradition in den ausübenden Gemeinschaften, die in ein patriarchal geprägtes Rollenverständnis von Frauen, der weiblichen Sexualität, Familie und Ehe eingebettet ist. Der Praktik liegt zumeist die Intention zugrunde, die weibliche Sexualität zu kontrollieren bzw. zu unterdrücken. In patriarchalen Strukturen begründet, dient die weibliche Genitalverstümmelung der Aufrechterhaltung und Stabilisierung dieser Verhältnisse.

Pro NRW und die weibliche Genitalverstümmelung:

In dem Artikel Null Toleranz für weibliche Genitalverstümmelung!, den Pro NRW1 im August 2018 auf ihrer Internetseite veröffentlichte, kritisieren sie die Praktik und betonen das Leid, welches Betroffenen dadurch zugefügt wird. Soweit ist ihnen zuzustimmen: Bei der weiblichen Genitalverstümmelung handelt es sich um eine Praktik, die es zu überwinden gilt, damit kein weiteres Mädchen und keine weitere Frau diese mehr erleiden muss. Die schädlichen Folgen der weiblichen Genitalverstümmelung offen anzusprechen dient der Aufklärung, wodurch eine Überwindung der Praktik beschleunigt wird. Dies ist jedoch nicht das, was Pro NRW in ihrem Artikel tat oder geschweige denn mit diesem erreichte. Ganz im Gegenteil nutzen sie die Praktik um Migrant*innen zu verunglimpfen und pauschal gegen sie zu wettern. Die Reduzierung von Kulturen auf ihre schrecklichste Ausprägung ist nicht nur eine pauschale Abwertung, sondern stigmatisiert darüber hinaus betroffene Mädchen und Frauen. Zusätzlich strotzt dieser vor Verachtung und zeugt von einem Mangel an notwendiger Sensibilität. Ein Ende der Praktik wird durch Ablehnung gepaart mit Hass und Verachtung nicht erreicht. Ganz im Gegenteil trägt diese Form zur Ausgrenzung von Migrant*innen und speziell von betroffenen Mädchen und Frauen bei, was zu einem verstärkten Festhalten an Tradition führt.

Pro NRW interessiert sich nicht für das Leid von Mädchen und Frauen, die weit weg auf dem afrikanischen Kontinent an ihren Genitalien verstümmelt werden. Aber Pro NRW interessiert es, wenn diese Menschen in Deutschland Schutz suchen, denn das lehnen sie, ihrem rassistischen Weltbild geschuldet, ab. Das Engagement von Pro NRW gegen die weibliche Genitalverstümmelung wird, entgegen dem Deckmantel einer guten Intention – dem Schutz Betroffener – von der Partei als Gelegenheit missbraucht, rassistische Vorurteile zu schüren.

Wir Falken und die weibliche Genitalverstümmelung:

Um ein Ende der weiblichen Genitalverstümmelung zu erreichen engagieren sich zahlreiche (Frauenrechts-)Organisationen gegen die Praktik. Jährlich, am 06. Februar, findet der internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung statt. Dieser bietet auch Falkengruppen die Möglichkeit aktiv zu werden, sich mit der Praktik und ihren schädlichen Folgen auseinanderzusetzen und auf diese aufmerksam zu machen. Dazu können Organisationen, die sich für die Überwindung der weibliche Genitalverstümmelung einsetzen, in ihrer Arbeit unterstützt werden und gemeinsam Kampagnen und Veranstaltungen geplant und umgesetzt werden. Einen Einstieg in das Thema bietet der Spielfilm Wüstenblume, der das Thema behandelt. Dieser könnte in der Falkengruppe gemeinsam geschaut und diskutiert werden.

Lea Kristin Kleinsorg, UB Gelsenkirchen

  1. Pro NRW ist eine rechtspopulistische Partei, deren Hauptthemen die vermeintliche „Überfremdung“ und „Islamisierung“ sind.