„Wann wird es unsere Klasse treffen?“ – Schülerin sein in Coronazeiten

Nichts mit weihnachtlicher Besinnlichkeit – Der Schreibtisch der Autorin im Homeschooling

Am 13. März 2020 wusste ich, dass etwas anders ist. Schon seit Tagen wurde in allen Medien von einem Lockdown gesprochen. Das Coronavirus sei jetzt offiziell in Deutschland angekommen und die Infektionszahlen stiegen. Schulschließungen gab es in meinem Leben noch nie und die Vorstellung von ein paar überbrückenden Hausaufgaben unter ferienähnlichen Bedingungen fand ich gut. Ich war motiviert wie die meisten anderen auch. Wir stellten uns den Lockdown als große Entlastung vor.

Der Stress durch eigentlich bevorstehende Klausuren, Tests und Abgaben machte uns eh die ganze Zeit wahnsinnig. Eine kurze Pause vom Stress, um zu sich zu kommen, sich zu ordnen und frisch zu starten, war eine schöne Vorstellung.

In diesen Zeiten hat man die gravierenden Auswirkungen der Pandemie auf das Schulsystem nicht nur an der sich verändernden Unterrichtsart bemerkt, sondern auch am Stress durch tagtäglich neue, teilweise schwer zu verstehende, Aufgaben und Abgaben, deren Umfang man nicht gewohnt war. Gepaart mit der Angst, eventuell nicht mitzukommen, war diese Mischung vor allem in persönlicheren Gesprächen immer öfter ein Thema. Eine gesunde Balance zu schaffen, insbesondere neue Routinen zu erarbeiten, war essentiell. Kurz vor den Sommerferien sind wir dann wegen gesunkener Inzidenzzahlen wieder im Wechselmodell in die Schule gegangen. Die Ferien wirkten wie ein Tor zum Ende der Pandemie. Spätestens danach wird doch alles wieder normal sein?

Doch als wir nach den erholsamen 6 Wochen wieder in die Schule kamen, bahnte sich schon an, dass das erst ein neuer Anfang von neuen Problemen werden würde. Zu dieser Zeit gab es schon in meinem Umfeld heiße Diskussionen, ob nicht vielleicht ein sofortiger Lockdown helfen könnte, bevor es noch schlimmere Folgen geben würde. Das war im August.

Ab den Herbstferien gab es jede Woche erneut die Frage, ob man sich nach dem Wochenende wieder sieht. Wir lebten immer mit einer unsicheren Zukunft. Pläne für die nächste Woche erschienen uns jetzt schon als lächerlich, denn bald wird doch sicherlich alles wieder geschlossen sein, richtig?

Diese Zeit zwischen Herbst- und Winterferien war für viele von uns die schlimmste Zeit in der ganzen Pandemie: Man ging noch in die Schule, aber wusste nicht mehr wie lange. Man hat noch für Klausuren gelernt, aber wusste nicht, ob diese jemals stattfinden. Man konnte noch wenige Freunde sehen, aber wusste nicht wie lange noch. Man konnte Pläne machen, aber wusste nicht, ob sie verwirklicht werden können. Die Anspannung bei Schüler*innen und Lehrer*innen war deutlich zu spüren und die Stimmung war ungeduldig. Dazu kam noch, dass um einen herum immer mehr Klassen und Schulen wegen positiven Fällen geschlossen wurden.

Am 16.12. wurde dann eine Schließung der Schulen und das Herunterfahren des öffentlichen Lebens beschlossen. Ich habe dies als eine Entlastung empfunden, denn jetzt wurde das beschlossen, was seit mehreren Monaten im Raum stand.

Rückblickend stellt sich mir die Frage, wieso all das nicht viel eher entschieden wurde. Entscheidungen, welche aus rationaler Sicht sinnvoll erscheinen, wurden vermeintlich zum Schutz derer hinausgezögert, welche unter einem Lockdown leiden würden. Auch wenn ich da zuerst an Einkommensschwache und Menschen mit psychischen Erkrankungen denke, so glaube ich eher, dass hier eher an bestimmte Konzerne gedacht wurde. Restaurants, Clubs oder kleine Cafés sind schon seit einem Jahr von dieser Rechnung ausgeschlossen.

Wenn unvermeidbare Entscheidungen im klaren Konflikt mit der Wissenschaft so lange hinausgezögert werden, dann kann ich kein Verständnis dafür finden. Und ein Lockdown, welcher im September nur wenige Tage oder Wochen angehalten hätte, mutierte ab den Weihnachtsferien zu einem monatelangen Dauerzustand.

Die Vorstellung von einem relativ normalen Leben traue ich mir manchmal gar nicht zu, denn zu viele Hoffnungen auf eine positive Veränderung der Umstände liefen schon so oft ins Leere. Doch, was die meisten nicht bedenken: Unsere Jugendzeit, welche eigentlich von neuen Erfahrungen und Besuchen in Clubs geprägt werden sollte, wurde vor einem Jahr pausiert. Auch wenn allen bewusst ist, dass man eine Gefahr für Familie oder Bekannte darstellt, erlebe ich in meinem Umfeld zunehmend Versuche, diese Zeit doch noch irgendwie zu erleben. Eine Corona-Spreader-Party ist auf keine Weise zu entschuldigen, wobei ich die darin steckende Verzweiflung zunehmend verstehen kann. Die Angst, etwas zu verpassen, ist allgegenwärtig und die Vorstellung, dass alles, letztes sowie dieses Jahr, die Krise, unsere Jugend, ganz anders hätte laufen können, schmerzt.

Ich werde hier leider keine Lösung für so hochwissenschaftliche Probleme geben können. Das Einzige, was mir am Herzen liegt, ist, dass manchmal schon Verständnis gegenüber Schüler*innen reicht, um eine Hilfe zu sein. Diese Zeit ist für alle schwer und wir brauchen unsere gegenseitige Unterstützung.

Antonia, LV Sachsen